Diese 5 Trends sollten HR-Führungskräfte 2022 im Auge behalten
Was für ein Jahr!
Die letzten zwölf Monate waren geprägt von andauernder Unsicherheit am Arbeitsplatz. Zunächst verhinderten holprig laufende Impfprogramme und Mandatsdebatten die (zumindest teilweise) Rückkehr ins Büro. Dann ließen die Delta- und Omikron-Varianten die Normalität erneut in weite Ferne rücken. Gleichzeitig hatten HR-Führungskräfte mit einem noch nie dagewesenen Fachkräftemangel zu kämpfen, was durch die Massenkündigungen während der sogenannten „Great Resignation“ zusätzlich verschärft wurde.
Diese große Kündigungswelle war 2021 in so ziemlich jedem Sektor zu spüren. Nachdem Mitarbeitende ihren Arbeitgebern im Frühjahr in rekordverdächtigen Scharen den Rücken zugekehrt hatten, erreichte die Zahl der Kündigungen im September 2021 mit 4,4 Millionen ein weiteres Rekordhoch. Nach Angaben des US-Arbeitsministeriums entspricht dies etwa 3 % der erwerbstätigen Bevölkerung des Landes. Arbeitnehmer möchten so wieder mehr Kontrolle über ihre berufliche Zukunft erlangen und stellen HR-Führungskräfte vor eine kritische Entscheidung: Um Spitzenkräfte effektiv anzusprechen, einzustellen und ans Unternehmen zu binden, müssen Unternehmen zentrale Aspekte der künftigen Arbeitswelt zur Priorität machen.
Doch nicht alles ist schlecht. Ganz im Gegenteil sogar. Als People Leader und Pioniere des kulturellen Wandels am Arbeitsplatz sehen wir das Glas in der Regel als halb voll an. Für uns beginnt jetzt ein neues Zeitalter des HR- und Human-Capital-Managements. Die Covid-19-Pandemie brachte diesen dringend erforderlichen Wandel im HR-Bereich so richtig ins Rollen. Viele der wichtigen Praktiken, für die wir uns seit Jahren stark machen, sind für Organisationen aller Art in den Fokus gerückt. Ein besseres Mitarbeitererlebnis. Technologien zur Steigerung von Mitarbeiterbindung und -motivation. Kontinuierliche Aus- und Weiterbildung. Management und Leadership. Kultur, Inklusion und Zugehörigkeit. Die Liste ist endlos.
Die Rolle von HR-Führungskräften wie dem Chief Human Resource Officer (CHRO) entwickelt sich stetig weiter und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Es könnte sehr gut sein, dass dieses Jahr das „Jahr des CHRO“ wird – oder zumindest ein Jahr, in dem CHROs die ideale Gelegenheit haben, die strategische Ausrichtung ihrer Organisation entscheidend zu prägen und die Zukunft der Arbeit mitzugestalten. Vor diesem Hintergrund stellen wir Ihnen fünf Trends für das Jahr 2022 vor, die Sie unbedingt im Auge behalten sollten, damit Sie optimal aufgestellt sind und weitreichende Änderungen für Ihr Unternehmen bewirken können.
1. Hybrides Arbeiten
Aufgrund der Pandemie waren Organisationen gezwungen, flexiblere Modelle einzuführen, wie beispielsweise die Arbeit im Homeoffice bzw. an einem beliebigen anderen Ort. Laut Gartner arbeitet fast ein Drittel der Fachkräfte weltweit seit Ende 2021 aus der Ferne. Und Mitarbeitende werden (bzw. wollen) auch so schnell nicht in die Büros zurückkehren. Untersuchungen von McKinsey zufolge geben etwa 30 % der Mitarbeitenden an, dass sie kündigen würden, wenn sie gezwungen wären, ausschließlich vom Büro aus zu arbeiten. 50 % gaben an, dass sie mindestens drei Tage pro im Homeoffice arbeiten möchten.
Und auch Arbeitnehmer im Außendienst bzw. mit Kundenkontakt wünschen sich mehr Flexibilität. Eine Umfrage von Gartner ergab, dass 60 % der Arbeitnehmer sich mehr Flexibilität von ihrem Arbeitgeber wünschen. Es ist offensichtlich, dass eine bessere Work-Life-Balance, flexiblere Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Remote Working wichtige und zu überdenkende Aspekte sind.
Viele moderne Unternehmen haben bereits auf hybride Arbeitsmodelle umgestellt und haben die Bedürfnisse ihre Mitarbeitenden zu einer wichtigen Priorität gemacht. Angesichts dieses enormen Wandels müssen CHROs agil handeln und dafür sorgen, dass diese Umstellung möglichst reibungslos verläuft. Auch der Einsatz der richtigen Technologien wird für sie eine immer wichtigere Rolle spielen, um die Remote-Arbeit aller Mitarbeitenden koordinieren zu können. Wir müssen uns nicht nur die kulturellen Auswirkungen hybrider Arbeitsmodelle vor Augen führen, sondern uns auch ein klares Bild der Plattformen, Software-Lösungen und Funktionen verschafffen, die erforderlich sind, um eine robuste und produktive Arbeitsumgebung für unsere Mitarbeitenden zu schaffen. Dabei sollte es keine Rolle spielen, wann, wo und wie sie arbeiten.
2. Organisatorische Agilität
Wenn uns die letzten Jahre eines gelehrt haben, dann dass nichts sicher ist. In der Pandemie bekamen wir zu spüren, dass organisatorische Agilität, also die Fähigkeit, auf Veränderung zu reagieren, für HR-Führungskräfte unabdingbar ist. Wie Michael Visser, VP of People Success and Enablement von Unit4, in einem kürzlich veröffentlichten Podcast bereits ansprach, bildet die Anpassungsfähigkeit ein solides Fundament für sowohl HR- als auch Geschäftsstrategien. Nichts wird so bleiben, wie es ist. Wenn Unternehmen das erkennen, können sie Änderungen besser akzeptieren und zu ihrem Vorteil nutzen.
Was genau bedeutet das in der Praxis? Es bedeutet, dass wir eine Arbeitsumgebung für unsere Mitarbeitenden schaffen müssen, in der sie über die notwendigen Prozesse und Technologien verfügen, um sich flexibel an die sich ändernden Bedingungen anpassen zu können. Dies umfasst alle Aspekte, vom Recruiting und Onboarding über Bindung und Anerkennung bis hin zu Weiterbildung, Kompetenzausbau und Nachfolgeplanung. Wir müssen es uns selbst und anderen ermöglichen, frei zu kommunizieren, uns anzupassen und schnell zu reagieren.
Nehmen wir die OODA-Entscheidungschleife als Beispiel. Die OODA-Entscheidungschleife ist ein vierstufiger Entscheidungsprozess, der vom Militärstrategen und United States Air Force Colonel John Boydim Jahr 1961 entwickelt wurde, um selbst in hochkomplexen Situationen kontinuierlich schnelle Entscheidungen zu treffen. Bekannt wurde dieser Ansatz erst durch den Bestseller von General Stanley McChrystal über Führung und Team-Management: Team of Teams.
Die meisten von uns finden sich vermutlich nicht täglich in lebensbedrohlichen Situationen wieder. Diese Methode ist dennoch hilfreich, um durch kontinuierliche Bewertung, Feedback und Maßnahmen die Veränderungen während der Pandemie zu bewältigen. Sie kann uns als Orientierungshilfe dienen, wenn wir unsere HR-Prozesse und Technologien überdenken. Sind sowohl wir als auch unsere Mitarbeitenden im Stande, unsere Lage nachhaltig zu betrachten, uns zu orientieren, eine fundierte Vorgehensweise zu wählen, sie in die Tat umzusetzen und daraus zu lernen?
3. Automatisierung
Untersuchungen von Gartner zufolge werden zusätzlich zu den 17 % der Unternehmen, die derzeit künstliche Intelligenz im HR-Bereich einsetzen, weitere 30 % der Unternehmen im nächsten Jahr KI einführen. Und laut McKinsey Global Institute lassen sich 56 % aller HR-Aktivitäten mit der aktuellen Technologie automatisieren.
Wenn das Wort „Automatisierung“ fällt, denken viele gleich ans Schlimmste, nämlich, dass Maschinen uns Arbeitsplätze wegnehmen. Aber anstatt als etwas Negatives angesehen zu werden, das uns Menschen überflüssig macht, könnten Automatisierungstechnologien den Arbeitsalltag von Mitarbeitenden tatsächlich erleichtern. Während der Pandemie rutschten viele ins Corona-Burnout und wieder andere hat die Pandemie dazu bewegt, ihre Prioritäten neu zu überdenken und den Sinn ihrer Arbeit zu hinterfragen. Die „Great Resignation“ war eine der Folgen.
Denken Sie nur an die Teams in Ihrem Unternehmen, die einen Großteil ihrer Arbeitszeit damit verbringen, wieder und wieder Mitarbeiterdaten einzugeben. Ein digitaler Assistent bzw. eine KI-Technologie, die diese langweile und eintönige Aufgabe übernimmt, wäre äußerst hilfreich für sie und würde ihnen völlig neue Möglichkeiten eröffnen. Mit Automatisierungstechnologien, die die Fähigkeiten Ihres Teams erweitern, können sich Ihre Mitarbeitenden auf das Wesentliche konzentrieren, sprich: auf die strategischeren, kundenorientierten Aufgaben. Wenn Sie nun nach Verbesserungsmöglichkeiten für die Zukunft suchen, überlegen Sie sich, wie Sie Ihren Mitarbeitenden mit KI und Automatisierung den Arbeitsalltag (von der Suche nach geeigneten Fachkräften über das Onboarding bis hin zum Helpdesk und Dokumentenzugriff) erleichtern können.
4. Diversität, Fairness und Inklusion
Im Laufe der letzten Jahre sind Diversität, Fairness und Inklusion immer mehr in den Fokus gerückt – sowohl in Unternehmen allgemein als auch insbesondere in HR-Abteilungen. Immer mehr Organisationen führen Diversitätsstatistiken und ergreifen entsprechende Maßnahmen. Die HR Priorities Survey 2022 von Gartner hat ermittelt, dass die Verbesserung der Bereiche Diversität, Fairness und Inklusion zu den fünf wichtigsten Schwerpunktbereichen von CHROs gehört. Laut der von Glassdoor durchgeführten Diversity Hiring Survey sind jedoch mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer der Ansicht, dass ihr Unternehmen mehr tun könnte, um die Vielfalt seiner Belegschaft zu erhöhen. Das sehen vor allem unterrepräsentierte Gruppen so.
Wenn wir in puncto Diversität, Fairness und Inklusion Taten auf unsere Worte folgen lassen wollen, dann müssen wir über die klassischen Kriterien-Checklisten hinausgehen und Kandidatinnen und Kandidaten mit vielseitigen Erfahrungen und Eigenschaften in Erwägung ziehen. Unternehmen sollten nun daran arbeiten, Schwachstellen im Hinblick auf Diversität im Recruiting-Prozess aufzudecken, und sowohl Schulungen als auch Technologien einsetzen, um implizite und explizite Vorurteile und Voreingenommenheit abzuschaffen. Sie sollten Remote-Arbeit als Chance erkennen, weil sie so hochqualifizierte Kandidaten in Betracht ziehen können, die aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht am Firmenstandort arbeiten könnten.
Es ist aber auch wichtig, dass Unternehmen ihre Mitarbeitenden an den Ergebnissen ihrer Arbeit teilhaben lassen und sie involvieren. Sie sollten verschiedene Gruppen in die Gestaltung und Umsetzung der Recruiting- und Personalmanagementpraktiken einbinden und Kennzahlen zur Diversität regelmäßig erfassen und festhalten. Darüber hinaus sollten Organisation in Erwägung ziehen, wie sie Employee Resource Groups (ERG) schaffen und/oder fördern können, die unterrepräsentierten Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, sich weiter in das Unternehmen zu integrieren, um so das Zugehörigkeitsgefühl zu stärken.
5. (Echte) digitale Transformation
Wenn Sie vor der Pandemie keine digitale Transformationsstrategie hatten, verfügen Sie sicherlich jetzt über eine. Wie wir in unserem letzten Beitrag zum Thema Change Management angesprochen haben, konnten sich jene Unternehmen am erfolgreichsten an den Wandel anpassen, die einerseits die Notwendigkeit sahen, ein vollständiges digitales Ökosystem zu schaffen, das Elemente wie ein robustes ERP, HCM und Finanzfunktionen umfasst, und andererseits auch eine Wachstumskultur geschaffen haben, die alle Mitarbeitenden zu einem Teil davon macht. Nach zwei Jahren voller Unsicherheit und Umbruch ist Ihr technologisches Ökosystem an seine Grenzen gestoßen und wurde notwendigerweise erweitert, um sich an die „neue Normalität“ anzupassen. Im Jahr 2022 kann allerdings nicht mehr von „neu“ die Rede sein – diese Bedingungen sind mittlerweile schlichtweg normal.